Hochtour  Gran Paradiso und Monte Rosa-Gruppe

  18.-23.07.2010

Dass unsere diesjährige Sektionshochtour eine solche Genusstour werden würde, hatten wir eigentlich nicht geplant. Ursprünglich war eigentlich der Mont Blanc in der Planung auf Platz 1. Nachdem wir schon Anfang Juni auf den in Frage kommenden Hütten wegen der Übernachtungsmöglichkeit nachfragten, wurden uns freie Kapazitäten erst wieder Ende August/Anfang September zugesagt.

Da auch die Berichte über die Besteigungen des höchsten Alpengipfels mit täglich ca. 500 Personen nicht unbedingt unsere Intension vom Bergsteigen darstellt, entschieden wir uns nach kurzer Besprechung für eine Tour zur Monte Rosa Gruppe. Aber auch hier gab es Unterkunftsprobleme. Für unsere Planung von Zermatt über Breithorn, Pollux, Castor mit Übernachtungen in der Ayas- und der Sellahütte, weiter über den Passo del Naso zu Balmenhorn und Vincent Pyramide, Übernachtung im Rifugio Mantova, über Ludwigshöhe und Parrotspitze zur Signalkuppe mit der höchsten Alpenhütte Rifugio Margherita(4554m) und zurück über Zumstein zur Monte Rosahütte und nach Zermatt, 10 Gipfel über 4000 m in 6 Tagen konnten wir die Hütten nicht in der für uns richtigen Reihenfolge buchen. Also wieder umdenken und die Monte Rosa-Gruppe von Süden her in Angriff nehmen. Am Ende mussten wir froh sein über diese Entscheidungsfindung. Denn das Wetter war in unserer Woche nur bis Donnerstag stabil. Am Nachmittag setzte dann ein tagelanges Unwetter ein, das in diesem Gebiet der Alpen zu Über- schwemmungen und Murenabgängen führte, in einigen Gebieten Piemonts sogar der Katastrophenalarm ausgelöst wurde. Betroffen damals auch der Glacierexpress, der am Freitag auf Grund einer Mure entgleiste mit 1 Toten und 42 Verletzten. Zu diesem Zeitpunkt wären wir nach unserer ursprünglichen Planung mit der Signalkuppe und der Margheritahütte am höchsten Punkt der Tour unterwegs gewesen und mit Sicherheit für einige Tage dort oben festgesessen.

Der Anstieg von Süden über das Aostatal passte auch perfekt für unsere geplante Eingehtour mit der Besteigung des Gran Paradiso (4027 m) im gleichnamigen Naturpark Italiens.

Am Sonntag, 18.07. ging es um 07:00 Uhr in Abenberg los. Leider wurde aus unserem ursprünglich geplanten Quartet nur ein Duett, da wegen beruflicher Dinge und wegen einer Verletzung 2 Kameraden kurzfristig absagen mussten. Über Basel, Bern, Genfer See und Gr. St. Bernhard ging es ins Aostatal und ins Valsavarenche, dem Haupttal des Nationalparks Gran Paradiso. Dieser erste Nationalpark Italiens wurde 1922 eingerichtet und war bis zu diesem Zeitpunkt königlich italienisches Jagdreservat. Es ist das Gebiet, in dem die letzten, ansonsten im gesamten Alpenraum ausgerotteten Alpensteinböcke überlebt haben. Heute sind sie von hier aus wieder im gesamten Alpenbogen angesiedelt worden. Unser Ziel war Pont, 1960 m hoch, das Ende des Tales zumindest für den Verkehr. Von hier ging es mit dem Gepäck auf das Rifugio Vittorio Emanuelle(2732m), der Ausgangshütte zum Gran Paradiso (4061 m). Die gut 800 Höhenmeter auf einem perfekt ausgebauten, aber natürlich gehaltenen Wanderweg zur Hütte war trotz großen Verkehrsaufkommen nach knapp 2 Stunden geschafft. Die Hütte wird auf Grund ihrer Lage und der guten Verpflegung von vielen Tagesgästen frequentiert. Wir richteten unser Lager und machten eine kleine Eingehtour, um den Weg für den nächsten Morgen schon mal zu begutachten und genossen die gute Küche in der fast ausgebuchten Hütte.

04:00 Uhr Wecken, Frühstück und gegen 04:45 Uhr gingen wir los. Bei Dunkelheit mit Stirnlampen zuerst über Blockgelände, dann über einen Murenrücken bis zum Beginn des Gletschers auf knapp 3000m. Von hier relativ unschwierig ca. 1100 Höhenmeter bis zum Gipfelaufbau des Gran Paradiso. Hier wird es dann noch einmal spannend. Die letzten 30 Höhenmeter sind Eisfrei mit teils ausgesetzten Kletterstellen bis zum unteren III. Grad, abgesichert mit Haken und hier und da ein Seil. Am Gipfel dann wie hier unten üblich kein Kreuz sondern eine Madonna. Dass wir bei Traumwetter auf einer Traumtour unterwegs waren habe ich noch vergessen zu erwähnen. Eine geschlossenes Wolkenmeer unter uns bis ca. 2500 m - selten standen wir auf einem Gipfel bei einer derart klaren Sicht. Der Abstieg dann wieder unspektakulär bis fast zur Hütte, nur das ebene Blockgelände auf den letzten Metern vor der Hütte hatte es in sich. Ich blieb mit einem meiner Abstiegsstöcke im Blockgelände hängen, kam ins stolpern und verdrehte mir die Schulter. Wie sich nach unserer Rückkehr rausstellte, hatte ich u. a. einen Sehnenanriss. Nach einer kurzen Mittagspause auf der Hütte ging es zurück ins Tal. Alles in allem ein Abstieg von über 2100 Höhenmetern. Hier spürten wir mehr die Fußgelenke und die Schulter war fast vergessen.

Gipfelaufbau Gran Paradiso
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an der Gipfelmadonna Bild2.jpg

Wir fuhren von Pont wieder aus dem Valsavarenche über das Aostatal ins Valle di Gressoney bis ans Talende – Gressoney Staffal (1830m) – im Winter Talstation des Skigebiets Monte Rosa. Hier übernachteten wir in einem schönen kleinen Hotel.

Für den Dienstag hatten wir die Tour zur Vincent Pyramide auf dem Plan. Um 08:00 Uhr nutzten wir Weicheier die erste Bahn der Liftanlagen zur Indren-Bergstation auf 3200 m. Zu Fuß eine 2 – Tagestour mit Übernachtung auf der Montova- oder Gnifettihütte mit jeweils 2400 Höhenmetern auf- bzw. Abstieg. Nach dem Abstieg von 2100 m vom Gran Paradiso fiel die Entscheidung für den Lift leicht. Von Indren sind es trotzdem noch über 1000 Höhenmeter bis zum Gipfel. Zuerst über Gletschergebiet, dann einen toll ausgebauten Klettersteig durch eine 200 m hohe senkrechte Felswand, bevor es über den Garstelet- und Lysgletscher unschwierig auf die Vincent Pyramide (4215m) geht. Bei immer noch Traumwetter und besten Sichten ging es wieder zurück über die Mantovahütte und dem Klettersteig zur letzten Bahn von der Indren Bergstation nach Gressoney. Unsere Übernachtung auf der Mantovahütte hatten wir oben storniert, da die Wettervorhersage im Internet für Donnerstag auf Freitag schon den Wetterumbruch vorhersagte.

auf der Vicent Pyramide
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Am Mittwoch nutzten wir wieder die 1. Bahn am Morgen, diesmal in die andere Richtung. An der Bergstation Bettaforca (2672m) begann für uns der Aufstieg auf das Rifugio Quintina Sella (3585m). Immer am Grat entlang, teilweise ausgesetzt und im oberen Teil seilversichert, kamen wir gegen Mittag an der Hütte an, als die meisten Seilschaften gerade von ihren Touren kamen oder schon wieder in der Sonne saßen. Da das Wetter noch stabil war, entschlossen wir uns kurzfristig, unsere Tour zum Castor noch am Nachmittag durchzuziehen und dann das Wetter am Donnerstag früh über eine zusätzliche Tour bestimmen zu lassen. Gegen 17:00 Uhr waren wir nach knapp 2,5 Std. Aufstieg und 2 Std. Abstieg vom Gipfel des Castor (4228m) zurück. Und die hatten es in sich. Bestimmt ein Dutzend Gletscherspalten von mehreren Metern Breite konnten nur mit Absicherung über die jeweils noch vorhandenen Brücken überquert werden. Und einige Male wurde es uns ganz schön mulmig. Über einen über 50° steilen Firnhang ging es oben auf den tollen Grat über das Felikhorn (4061m) in mehreren Aufschwüngen zu unserem bisher höchsten Alpengipfel Castor. Leider waren inzwischen erste Wolken aufgezogen, die die Sicht hier oben in die Ferne etwas beeinträchtigten, insgesamt aber alles noch stabil. Zurück auf der Hütte genossen wir wieder das italienische Abendessen mit Pasta, ganz im Gegenteil zu unseren Erfahrungen auf den Schweizer Hütten im Jahr davor. Und schon beim Abendessen gab es die ersten vorhergesagten Regengüsse und wir entschieden uns für den nächsten Tag für ein spätes Frühstück. Die richtige Entscheidung. Die Seilschaften, die noch in der Nacht losgingen kamen allesamt am Vormittag wieder auf der Hütte an, ohne die Gipfel zu erreichen. Tiefhängende Wolken, einsetzender Regen und Sturmböen am Grat machten einen Aufstieg zu allen Gipfeln unmöglich. Zwar besserte sich das Wetter am Vormittag etwas, der Regen hörte auf, die Sicht wurde etwas besser, aber an eine Gipfeltour war nicht zu denken. Wir entschlossen uns dennoch nach oben aufzubrechen, Richtung Passo del Naso, dem Übergang ins andere Tal Richtung Signalkuppe. So konnten wir ein bisschen Erkundung betreiben, falls wir die eigentlich geplante Tour in den nächsten Jahren mal wieder angehen. Und eigentlich wäre es unser Weg zur Übernachtung in der Mantovahütte gewesen. Wir kamen auch fast bis zur Passhöhe, doch die herannahende Wetterfront zwang uns zur Umkehr. Nach kurzer Einkehr in der Sellahütte machten wir uns an den Abstieg und kamen in Gressoney gegen 16:00 Uhr an der Talstation an, gerade hatte der erste Regen eingesetzt und der sollte bis zum nächsten Morgen nicht mehr aufhören.

letzte Meter zum Castor Bild4.jpg

Während wir in der Sauna unseres Hotels die letzten Tage Revue passieren ließen, gingen die Gedanken auch an die Bergkameraden, denen wir bei unserem Abstieg vom Gipfel im Aufstieg begegneten und die, die bis Sonntag noch oben auf der Hütte geplant hatten. Denn für die nächsten Tage war an Touren nicht zu denken, es war einfach nur Land unter. Und unsere Entscheidung zum Abbruch war richtig gewählt. Ein Tag früher als geplant führen wir am nächsten Morgen bei immer noch strömendem Regen wieder zurück. Aus allen Rinnen kamen bereits Sturzbäche ins Tal und wir waren froh, als wir bei Pont St. Martin das Gressoneytal verließen. Die Rückfahrt bei anhaltend schlechtem Wetter war auf Grund des Verkehrsaufkommens durch viele gesperrte Straßen und Pässe dann mit über 12 Stunden fast doppelt so lang wie die Hinfahrt.

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